Doktorarbeit
Kinetische Untersuchungen zur Synthese von Blockcopolymeren mit Methacrylatsegmenten durch neue anionische Polymerisationssysteme
Herbert Königsmann (01/2001-01/2001)
Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
Zusammenfassung
In der vorliegenden
Arbeit wurden zwei anionische Polymerisationssysteme
mit schneller Reaktionskinetik (t1/2
<< 1 s) im Strömungsrohr-Reaktor auf ihre Eignung zur
Synthese von
Di- und Triblockcopolymeren mit (Meth)acrylatphase untersucht. Hierbei
handelt
es sich zum einen um ein "metallfreies" System mit dem sterisch
anspruchsvollen Bis(triphenylphosphoranyliden)-ammonium-Kation (PNP)
zur
Synthese von (Meth)acrylaten bei moderaten Temperaturen (-20 ≤ T ≤ 20 °C) in Tetrahydrofuran (THF) als
Lösungsmittel, während im anderen Fall die Synthese von
Polymethylmethacrylat
(PMMA) und Blockcopolymeren mit PMMA-Endblock in Gegenwart des Liganden
Lithium-2-methoxyethoxid (LiOEM) in Toluol bei hohen
Monomerkonzentrationen in
einem ähnlichen Temperaturbereich untersucht wurde.
Das
PNP-Initiatorsystem ist zur lebenden
und kontrollierten Polymerisation von Methacrylaten mit engen
Molekulargewichtsverteilungen
in THF bis zu Temperaturen von 0 °C geeignet. Die Polymerisation von
MMA
verläuft deutlich schneller als bei Verwendung des Vorgängersystems mit
Tetra-phenylphosphonium-Kationen (TPP); ein sich einstellendes
Gleichgewicht
zwischen polymerisationsaktiven Ionenpaaren und "schlafenden"
Ylidstrukturen liegt hier stärker auf der Seite der aktiven Spezies,
was durch
NMR-spektroskopische Untersuchungen und quantenchemische Berechnungen
gestützt
wird. Verbleiben Metallkationen (Li+) im Reaktionssystem, so
findet
eine vollständige Änderung des Polymerisationsverlaufs statt, die
Polymerisationsrate fällt um ca. 2 Größenordnungen und man erhält
breite,
multimodale Molekulargewichtsverteilungen; Lithium-Enolate stellen nun
die
polymerisationsaktive Spezies dar. Die Polymerisation von Acrylaten wie
n-Butylacrylat (NBA) und 2-Ethylhexylacrylat (EHA) gelingt nur
unkontrolliert
und nicht lebend, so daß die Synthese von
Polymethacrylat-b-Polyacrylat-Copolymeren nicht möglich ist.
Massenspektroskopische
Untersuchungen weisen im Fall der Acrylate auf einen komplizierten
Reaktionsmechanismus
mit verschiedenen Abbruch- und Übertragungsreaktionen hin.
Die
Polymerisation von Methylmethacrylat in Toluol mit
Lithium-2-methoxyethoxid als Additiv ist auch bei hohen
Monomerkonzentrationen
(20 %) und moderaten Mischtemperaturen (Tm
< 0 °C) noch kontrolliert durchführbar und damit für industrielle
Anwendungen geeignet. Die Synthese von Polybutadien-b-PMMA- und
Polystyrol-b-Polybutadien-PMMA-Copolymeren im Strömungsrohr-Reaktor ist
möglich, die Effektivität des Wechselschritts von Polybutadien zu PMMA
beträgt
im Durchschnitt jedoch nur ca. 50 %. Untersuchungen verschiedener
Reaktionsparameter, wie z.B. der Endfunktionalisierung des
Polybutadiens mit
1,1-Diphenylethylen, der Temperatur während der Verkappung und der
MMA-Polymerisation und der Güte der eingesetzten Reagenzien, geben
keine
eindeutigen Hinweise auf mögliche Ursachen dieses Phänomens.
MALDI-TOF-Massenspektren des Precursors deuten auf die Ausbildung von
stabilen
Aggregaten oder Abbruch während der ersten Anlagerungsschritte hin.