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Doktorarbeit

Intelligente organisch-anorganische Nanohybride auf Basis von funktionalisierten Silsesquioxan-Nanopartikeln

Manuela Schumacher (07/2004-11/2008)

Betreuer: Axel H. E. Müller

Zusammenfassung

Es wurde die Bildung und Charakterisierung von intelligenten organischen-anorganischen Nanohybriden untersucht. Der anorganische Teil wurde von einem N,N-di(2,3-dihydroxypropyl)3-aminopropylfunctionalisiertem Silsesquioxan Nanopartikel gebildet, der mit ca. 14 tertiären Aminogruppen pro Partikel hoch funktionalisiert ist und bei dem jede Aminogruppe vier Hydroxylgruppen trägt. Zwei unterschiedliche Polymersysteme wurden für die organische Seite benutzt: amphiphile Block Copolymer Mizellen aus Poly(n-Butyl Acrylat)-block-Poly(Acrylsäure) (PnBAx-b-PAAy mit x = 90, 100 und y = 100, 150, 300) und Poly(Acrylsäure) (PAA) Sterne (PAA100)21, (PAA200)24, wobei die Letzteren als Model für gefrorene Mizellen dienen. In allen Fällen führte das Mischen von wässrigen Lösungen der anionischen Block Copolymer Mizellen oder der anionischen Sternlösungen und der Silsesquioxan Nanopartikel zur einfachen und direkten Bildung von organischen-anorganischen Nanohybriden. Die Struktur der komplexierten Nanohybride hängt vom pH-Wert und Salzgehalt der Lösung ab. Es wurde eine Quantifizierung des Anteils der in die Mizellen oder die entsprechenden Sterne eingebauten Silsesquioxan Nanopartikel unter variierender, externer Beeinflussung mit zahlreichen Methoden durchgeführt.

Experimente mit dynamischer Lichtstreuung (DLS) und statischer Lichtstreuung (SLS) wie auch Lichtstreutitrationen und asymmetrischer Fluss Feld-Fluss Fraktionierung (AFFFF) konnten bestätigen, dass bei der Komplexierung die Orginalgröße der Mizellen - aufgebaut aus einem PnBA Kern und einer PAA Schale - bewahrt wird. Fourier-transformierte Infrarotspektroskopie (FT-IR) und Dialysemessungen mit Fluoreszenz-markierten Silsesquioxan Nanopartikeln bestätigten die Bildung der Nanohybride über einen relativ weiten pH Bereich. Kryogene transmissionselektronmikroskopische (cryo-TEM) Bilder deuteten auf eine Kern-Schale Struktur der Nanohybride hin mit graduell abnehmender Dichte der Silsesquioxan Nanopartikel.

LS-Titrationen haben einen Einblick in den vorgeschlagenen Wechselwirkungsmechanismus gegeben. Komplexierung im Sauren erfolgte aufgrund von Wasserstoffbrückenbindungen und ionischen Wechselwirkungen, im basischen Medium wurden die Nanohybride hauptsächlich durch ionische Wechselwirkungen gebildet. Je nach Ionenstärke können (i) anziehende Coulombwechselwirkungen entweder ausreichend sein, um Komplexierung auch bei hohem pH, wo keine Wasserstoffbrückenbindungen vorliegen (niedrige Ionenstärke) zu ermöglichen oder (ii) sie sind abgeschirmt (hohe Ionenstärke), wodurch sich weniger bevorzugte Wechselwirkungen zwischen Mizellen und Silsesquioxan Nanopartikel ergeben. Der Grund für die Beibehaltung der Größe ist höchstwahrscheinlich auf den kinetisch gefrorenen Mizellkern und die Kompensierung von (i) ansteigender, sterischer Abstoßung aufgrund von Komplexierung und (ii) anziehenden Wechselwirkungen zwischen den Silsesquioxan Nanopartikeln und der geladenen PAA zurückzuführen. Die maximale Wechselwirkung konnte im pH Bereich von 3.5 bis 7.5 bei 0.1 M NaCl gefunden werden. Bei niedriger Salzkonzentration (0.01 M NaCl) wurden mehr Nanopartikel in die Mizellen eingebaut. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass sogar unter basischen Bedingungen (pH < 9.5) Nanohybride existieren. Die pH- und Salzempfindlichkeit des Systems als externe Anregung wurde mit LS-Titrationen, Dialyse und FT-IR Messungen, thermogravimetrischen Analysen (TGA) und auch AFFFF Messungen belegt.

Die Quantifizierung des in den Mizellen eingebauten Teils der Nanopartikel stellte sich als mühsame Aufgabe heraus. SLS der dialysierten und undialysierten Proben sowie AFFFF der undialysierten Proben zeigten klar erhöhte Molekulargewichte der gebildeten Nanohybride. TGA benötigte einen langwierigen Dialyseprozess vor den Messungen und lieferte Informationen über den Anteil an in den Mizellen eingebauten Nanopartikeln. Isotherme Titrationskalorimetrie (ITC) lieferte die Möglichkeit den Komplexierungsmechanismus detailierter zu untersuchen. Kleinwinkelneutronenstreumessungen (SANS) wurden im Basischen durchgeführt und stellten Informationen über die innere Struktur der Nanohybride bereit. Das neu entwickelte Fitmodel erlaubte die Bestimmung der radialen Profile der organischen-anorganischen Nanohybride. Zusätzlich ermöglichte es die Quantifizierung des wechselwirkenden Anteils an Nanopartikeln unter diesen Bedingungen.

Alle unterschiedlichen benutzen Methoden zur Quantifizierung der in die Mizellen eingebauten Nanopartikel belegen die Bildung der organischen-anorganischen Nanohybride. Die absolute Anzahl der wechselwirkenden Nanopartikel pro Mizelle ist recht hoch (im Bereich von 160 bis 43050, abhängig von der benutzten Methode und Versuchsbedingungen), aber die berechnete Anzahl von Nanopartikeln pro Acrylsäureeinheit ergibt niedrige Werte im Bereich von 0.002 bis 0.053.

Die PAA-Sterne - (PAA100)21 und (PAA200)24 - zeigten ein vergleichbares Verhalten, wie die sternförmigen Mizellen. Aufgrund der Ergebnisse von DLS und SANS Experimenten blieb ihre Größe während der Komplexierung konstant. SANS- und LS-Titrationsmessungen zeigten die erhöhte Masse der Nanohybridsterne im Vergleich zu den puren Sternen. Cryo-TEM Aufnahmen bestätigten die Bildung der organischen-anorganischen Nanohybridsterne und wiesen auf eine Morphologie mit graduell abnehmender Dichte der Nanopartikel hin. Ein adäquates Fitmodel für die SANS Daten wurde für dieses anspruchsvolle System entwickelt und zeigte die Wechselwirkung zwischen den Silsesquioxan Nanopartikeln und der PAA. Es ermöglichte die Berechnung des Anteils an in einem Stern eingebauten Silsesquioxan Nanopartikeln. Die bestimmten Werte waren vergleichbar mit den für die micellaren Nanohybride berechneten Werten.

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