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Doktorarbeit

Sternförmige Polyelektrolyte

Felix A. Plamper (02/2004-07/2007)

Betreuer: Axel H. E. Müller

Zusammenfassung

In dieser Arbeit wurden sternförmige Polyelektrolyte mittels Atom Transfer Radical Polymerization (ATRP) hergestellt. Hierzu verwendete man multifunktionelle Initiatoren (Core-first Ansatz). Sternförmige Polyacrylsäure (PAA) mit 5, 8 und 21 Armen wurde aus den entsprechenden Poly-tert-butylacrylaten (PtBA) mit jeweils Glucose-, Saccharose- und beta-Cyclodextrinkern freigesetzt. Durch geeignete Modifizierung der Synthese von PAA und unter Verwendung der gleichen Initiatoren wurde sternförmiges Polydimethylaminoethylmethacrylat (PDMAEMA) synthetisiert. Es ist ein schwacher, kationischer Polyelektrolyt und kann durch Quaternisierung leicht in den entsprechenden starken Polyelektrolyt verwandelt werden (mit Methyliodid), nämlich Poly{[2-(methacryloyloxy)ethyl] trimethylammonium iodide} (PMETAI). Um höhere Armzahlen zu erreichen, führte man neue Silsesquioxaneinitiatoren mit durchschnittlich 58 Initiationsstellen ein.
Die Lösungseigenschaften der erhaltenen PAA-Sterne wurden in Wasser untersucht. So wurde das Titrationsverhalten mit NaOH bestimmt. Es zeigte sich, dass die apparente Säurestärke der PAA mit zunehmender Armzahl abnimmt. Ein gegenläufiger Effekt wurde bei Erhöhung der Armlänge beobachtet. Dies wird erklärt durch die höhere Segmentdichte bei Proben mit kurzen Armen und hoher Armzahl. Die hohe Segmentdichte führt zu einem erhöhten osmotischen Druck innerhalb des Sterns, der eine weitere Deprotonierung erschwert und somit eine verminderte Säurestärke bedingt. Der osmotische Koeffizient nimmt mit steigender Armzahl ab. Dies deutet auf eine stärkere Gegenionenbindung für verzweigte Strukturen hin. Die Verwendung der starken Polyelektrolyte erleichterte die Bestimmung des osmotischen Koeffizienten. Zunehmende Armzahl und abnehmende Armlänge erniedrigt den osmotischen Koeffizienten, der in den durchgeführten Messungen zwischen 0.03 und 0.13 lag. Damit sind die Gegenionen stark mit dem Polyion korreliert. Diese Ergebnisse wurden mit den Vorhersagen der Theorie verglichen, wobei Theorie und Experiment in der gleichen Größenordnung liegen. Jedoch wird die Konzentrationsabhängigkeit nicht vom Experiment wiedergegeben.
Das Lösungsverhalten der PMETAI Lösungen wurde mittels Dynamische Lichtstreuung (DLS) untersucht. DLS zeigt den erwarteten Kollaps der Sterne mit steigender Ionenstärke. Elektrostatisches und osmotisches Screening führt dabei zu einer Schrumpfung der ursprünglich stark gestreckten Arme. Jedoch können ionenspezifische Effekte einen stärkeren Kollaps bewirken, wie man anhand von NaI anstelle von NaCl zeigen konnte.
Der hohe osmotische Druck innerhalb des Sterns begünstigt die Einlagerung multivalenter Gegenionen. Dieser Ionenaustausch verringert die Gegenionenkonzentration innerhalb des Sterns. Gleichzeitig erhöht sich die Entropie aller Gegenionen, da mehrere einwertige Gegenionen für ein mehrwertiges Gegenion aus dem Stern entlassen werden. Der Ionenaustausch führt zu einer Reduktion des osmotischen Drucks innerhalb des Sterns, wobei die starke Streckung der Polymerarme vermindert wird. Dies konnte anhand DLS gezeigt werden. Die Schrumpfung ist ausgeprägter für höher geladene Gegenionen bei gleicher Gegenionenkonzentration. Daher kann das Schalten der Ladung der Gegenionen zu intelligenten Polyelektrolytsystemen führen. Dies wurde anhand der dreiwertigen, licht-sensitiven Hexacyanocobaltat(III) Gegenionen gezeigt, die sich bei UV-Bestrahlung zu zweiwertigen Gegenionen umwandeln. Gleichzeitig erhöht sich der hydrodynamische Radius infolge der Belichtung.
Schließlich wurden die thermosensitiven Eigenschaften von sternförmigem PDMAEMA in wässriger Lösung untersucht. PDMAEMA ist sowohl pH-sensitiv als auch temperatursensitiv. Es zeigt eine Mischungslücke mit Wasser bei erhöhten Temperaturen (LCST-Polymer). In unseren Versuchen bei hohem pH zeigt PDMAEMA ein typisches Flory-Huggins Verhalten unabhängig von der Architektur der Sterne. Bei hohem pH in Puffer ist PDMAEMA praktisch ungeladen. Bei gemäßigten pH-Werten (wiederum in Puffer) spielen Ladungsdichteeffekte für Abweichungen vom idealen Flory-Huggings Verhalten eine Rolle. In gepufferten Lösungen von PDMAEMA wird eine Mischungslücke in Gegenwart von mehrwertigen Gegenionen bei tieferen Temperaturen induziert (UCST-Verhalten). Jedoch führt die elektrostatische Stabilisierung zu einem Ausbleiben von makroskopischer Entmischung in salzfreien Lösungen für Sterne mit hoher Armzahl (> 9 Arme).

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