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Doktorarbeit

"Intelligente" Hydrogele basierend auf trishydrophilen Triblockterpolymeren

Stefan Reinicke (11/2006-03/2011)

Betreuer: Axel H. E. Müller

Die vorliegende Arbeit befasste sich mit der Synthese von doppelt stimuli-sensitiven, trishydrophilen Triblockterpolymeren und deren Einsatz zur Herstellung “intelligenter” Hydrogelsysteme, welche auf verschiedene externe Stimuli reagieren. Der Schwerpunkt der Arbeit lag dabei auf ABC Triblockterpolymeren bestehend aus einem pH-sensitiven A-Block, einem wasserlöslichen B-Block und einem thermo- oder multi-sensitiven C-Block. Dieses Konzept wurde sowohl für die Herstellung von Hydrogelen angewendet, die unabhängig auf pH- und Temperaturänderungen sowie UV-Licht reagieren, als auch zur Synthese von Polymer/Nanopartikel-Hybridmizellen, die sich zur Herstellung von Ferrogelen eignen.

Zu Beginn wurde ein Syntheseweg für die Herstellung von Blockcopolymeren, welche Ethylenoxid und Glycidolderivate enthalten, entwickelt. Der entscheidende Punkt dieses auf sequentieller anionischer Polymerisation basierenden Synthesewegs war der Einsatz der Phosphazenbase t-BuP4, da diese die anionische Polymerisation von Epoxidmonomeren auch in der Gegenwart von Lithiumgegenionen ermöglicht. Es konnte gezeigt werden, dass Ethoxyethylglycidylether unter den gewählten Bedingungen ohne unerwünschte Abbruchreaktionen polymerisiert. Dadurch konnten definierte Blockcopolymere, die sowohl Vinyl- als auch Epoxidmonomere enthalten, in einer Ein-Topf-Reaktion hergestellt werden, ohne weitere Zwischenschritte durchführen zu müssen.

Die neue Syntheseroute wurde anschließend genutzt, um eine Serie von Poly(2-vinylpyridin)-block-polyethylenoxid-block-poly(glycidylmethylether-co-ethylglycidylether) (P2VP-b-PEO-b-P(GME-co-EGE)) Triblockterpolymeren zu synthetisieren, die pH- und temperaturabhängig Hydrogele bilden. Die reversible Gelierung des gewählten Systems basiert dabei auf zwei verschiedenen Mechanismen. Wenn nur einer der beiden Außenblöcke unlöslich ist, bilden sich Kern-Schale-Korona (CSC) Mizellen, die sich in einer kubisch-dichtesten Packung anordnen. Der zweite Gelierungsmechanismus beruht auf der Möglichkeit, die Mizellen über ihre Korona zu vernetzen, indem der zweite Außenblock ebenfalls unlöslich geschaltet wird. Als direkte Konsequenz konnte bei pH > 5 und entsprechender Temperaturerhöhung ein Gel-Sol-Gel Übergang beobachtet werden, welcher mit einer ungewöhnlichen Gelverfestigung einhergeht. Untersuchungen zur Löslichkeit und zum Gelierungsverhalten wurden mittels DLS, Rheologie und SANS durchgeführt. Desweiteren wurde der Einfluss der Blocklängen und Konzentrationen auf die Geleigenschaften studiert.

Im Anschluss wurde eine 19 %ige Lösung eines konkreten P2VP-b-PEO-b-P(GME-co-EGE) Triblockterpolymers bei pH = 7 weiter untersucht um die exakte Struktur der kubisch-dichtesten Mizellpackung (kubisch primitiv oder kubisch raumzentriert) innerhalb des Gels bei niedriger Temperatur zu bestimmen. Dazu wurden SANS Messungen unter dem Einfluss von Scherung durchgeführt. Durch das Anlegen einer Scherkraft orientieren sich die zunächst irregulär angeordneten Polydomänstrukturen makroskopisch entlang einer Vorzugsrichtung, was zu hochdefinierten, anisotropen 2D-Streubildern führt. Die Interpretation dieser Muster ergab, dass es sich um eine kubisch raumzentrierte Packung handelt. Der bei Temperaturerhöhung stattfindende Gel-Sol Übergang kann mit einem Schrumpfen der Mizellschale erklärt werden.

Um die Vielseitigkeit unseres Hydrogelkonzeptes zu erhöhen, haben wir es in einem nächsten Schritt auf ABC Triblockterpolymere mit anderen stimuli-sensitiven Polymeren als C-Blöcke erweitert. Dieses Anliegen verlangte jedoch eine alternative Syntheseroute, welche anionische Polymerisation mit ATRP über „Click“-Chemie kombiniert. Nach der Optimierung der einzelnen Syntheseschritte wurden exemplarische Poly(2-vinylpyridin)-block-polyethylenoxid-block-poly(oligoethylenglykol)methacrylat (P2VP-b-PEO-b-POEGMA) und Poly(2-vinylpyridin)-block-polyethylenoxid-block-polydimethylaminoethylmethacrylat (P2VP-b-PEO-b-PDMAEMA) Triblockterpolymere synthetisiert und bezüglich ihres Löslichkeits- und Gelierungsverhaltens charakterisiert. Bei pH > 5 bilden sich aus P2VP-b-PEO-b-PDMAEMA CSC Mizellen mit einem P2VP-Kern und einer pH- und thermo-sensitiven PDMAEMA Korona. Diese spezielle Struktur führt zu einem Hydrogel, dessen thermo-sensitives Verhalten sich durch einfache Erhöhung des pH-Werts von 8 auf 9 von einem Gel-Sol- zu einem Sol-Gel-Übergang umschalten lässt. Bei pH = 7.5 dagegen kann eine Gelbildung durch die Zugabe von Hexacyanocobaltat(III)-ionen induziert werden, bedingt durch einen Vernetzungseffekt basierend auf elektrostatischen Wechselwirkungen zwischen den mehrwertigen Cobaltationen und geladenen DMAEMA Einheiten. Dieses Gel lässt sich anschließend durch eine UV-katalysierte Hydratation der dreiwertigen Hexacyanocobaltat(III)-ionen Ionen zu zweiwertigen Aquapentacyanocobaltat(III)-ionen (Photo-Aquation) wieder zerstören.

Im letzten Teil der Arbeit wurde ein neues Konzept zur Herstellung neuartiger magnetfeld-sensitiver Hydrogele (Ferrogele), in denen die entsprechenden Nanopartikel fest an die Polymermatrix gebunden sind, entwickelt. Der P2VP-Block der zuvor synthetisierten P2VP-b-PEO-b-P(GME-co-EGE) Triblockterpolymere wurde zu einem geringen Grad quaternisiert und mit negativ geladenen, citratstabilisierten Maghemitnanopartikeln (γ-Fe(III)-oxid) komplexiert. Mittels verschiedener Analysemethoden konnte gezeigt werden, dass dieses Verfahren zu wohldefinierten CSC-Hybridmizellen führt, deren Kern aus einem Komplex aus quaternisiertem P2VP und je 3-4 Nanopartikeln besteht. Konzentrierte Lösungen dieser Mizellen sind in der Lage temperaturabhängig zu gelieren, was mittels Rheologiemessungen demonstriert wurde. Durch die Anwesenheit der Maghemitpartikel ist es zudem möglich, eine Gelbildung zu induzieren, welche auf Hitzeentwicklung durch das Anlegen eines magnetischen Wechselfelds basiert. Dies konnte durch Hochfrequenz-Magnetokalorimetriemessungen gezeigt werden.

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