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Doktorarbeit

Hierarchische Selbstaggregation von Grund auf: Von Triblock Terpolymeren zu Oberflächenstrukturierten Partikeln zu Kolloidalen Co-Aggregaten

André H. Gröschel (12/2012)

Betreuer: Axel H. E. Müller

Kurzfassung

Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Selbstassemblierung von kompartimentierten Partikeln über mehrere Hierarchien aufbauend auf dem Bottom-Up-Prinzip untersucht. Zunächst wurden oberflächenstrukturierte (Patchy) Partikel aus ABC-Triblockterpolymeren über einen kinetischen Selbstassemblierungsprozess aufgebaut. Dies wird über ein selektives Fällungsmittel für den Mittelblock erreicht, gefolgt von Dialyse in ein selektives Lösungsmittel für den C-Block. Dieser neuartige stufenweise Prozess eröffnet eine einzigartige Kontrolle über die Nanostrukturierung adressierbarer Patches. Dabei ist die Lösungsmittelsequenz von entscheidender Bedeutung. Abhängig vom Volumenverhältnis der kernbildenden Blöcke (VA/VB), konnten zwei Spezies identifiziert werden, die sich in der geometrischen Anordnung der adressier-baren Segmente unterscheiden. Bei einem Volumenverhältnis von VA/VB > 1 ordnen sich die Segmente A und C Janus-ähnlich an, d.h. sie befinden sich auf gegenüberlie-genden Seiten des B-Kerns (AB Struktur), wohingegen eine ABA Verteilung der solvophoben Segmente bei einem Volumenverhältnis VA/VB < 1 auftritt. Hier bildet ebenfalls B den Kern, jedoch liegen sich die A-Segmente gegenüber und werden von der C-Korona äquatorial abgeschirmt. Diese Partikel wurden als kolloidale Bausteine (colloidal building blocks – CBBs) verwendet, die bei Zugabe von Fällungsmittel für A zur nächsten Hierarchieebene selbstassemblieren. Dabei bilden die AB-Bausteine sphärische Multikompartiment-Mizellen (MCMs) aus, wohingegen die ABA-Bausteine über eine Stufenwachstumspolymerisation zu mikrometerlangen kolloidalen Polymeren wachsen. Sowohl die Cluster-Größe (AB)x als auch die Wurm-Länge [ABA]m wird durch die Qualität des Lösungsmittel gesteuert (Expansion/Kontraktion der Korona). Diese Kontrolle ist ein wesentliches Element bei der homogenen Strukturierung von linearen Triblockterpolymeren zu weichen patchy Partikeln nach dem Botton-Up-Prinzip. In der Folge wurden AB- und ABA-Bausteine in definierten Verhältnissen gemischt um kolloidale Co-Assemblierung zu erzielen. Dieser hierarchische Strukturierungs-prozess umfasst mehrere Stufen und wird primär durch die Minimierung der Grenz-flächenenergien erreicht, d.h. er hängt sowohl empfindlich vom dynamischen Volu-men der Partikel als auch der aggregierenden Segmente ab. Die herausragende Quali-tät dieser Überstrukturen ist auf den kinetischen Selbstassemblierungspfad und das dynamisch einstellbare Segmentvolumen zurückzuführen. Besitzen die Partikel eine große C-Korona und ein kleines solvophobes A-Segment, sind diese über einen brei-ten Bereich von Fällungs-/Lösungsmittel für A stabil, wohingegen Partikel mit gro-ßem A-Segment und kleiner C-Korona bei Zugabe von Fällungsmittel für A sofort aggregieren (ungenügende Abschirmung des solvophoben A-Segments). Der zeitlich unterschiedliche Beginn der Selbstassemblierung kann ausgenutzt werden, um entwe-der zuerst das „kolloidale Substrat“ zu schaffen, dass im Anschluss dekoriert wird o-der umgekehrt. Beide Ansätze führen zu definierter kolloidalen Co-Assemblierungen, wie etwa kolloidale Moleküle, Multiblock Strukturen, telechele Oligomere, ternäre Co-Assemblierungen und zwei-dimensionale Netzwerke. Solch komplexe Strukturen sind ausschließlich mit dem hier vorgestellten Ansatz möglich. Die sphärischen MCMs bestehen aus Bausteinen des AB-Typs mit einem B-Kern und einer Janus-Verteilung der A und C-Blöcke. Die Janus-Verteilung ist ein Resultat des Symmetriebruchs während der Clusterbildung. Diese Phasenseparation entspricht einem neuen, vielseitigen und templatfreien Syntheseweg terpolymer-basierter Janus-partikel (JP) im sub-100 nm Bereich. Die Synthese umfasst das Vernetzen der B-Kompartimente der sphärischen MCMs, um die JP und die Phasenseparation dauerhaft zu fixieren. Die JP zeichnen sich durch enge Größenverteilung aus, wobei sich Kerndurchmesser, Janus-Balance (d.h. das Größenverhältnis der Koronasegmente) und Chemie der Koronasegmente präzise steuern lassen. Trotz hoher Konzentrationen (100 g/L) wurden definierte MCMs erhalten, was einen Weg eröffnet JP in großem Maße herzustellen und die technologische Relevanz dieser Methode unterstreicht. Darüber hinaus kann durch Einstellen der Janus-Balance die Clusterform und -größe vorherbestimmt werden. Die JP mit maßgeschneiderter Janus-Balance wurden als Dispersionsmittel für mehrwandige Kohlenstoffnanoröhren (multi-walled carbon nanotubes - MWNTs) eingesetzt. Die JP binden dabei über physikalische Wechselwirkungen mit einem geeigneten solvophoben Koronasegment (Polystyrol) an die Oberfläche der MWNTs und werden gleichzeitig vom solvophilen Koronasegment stabilisiert. Abhängig von der Janus-Balance bilden sich dichte Multilagen aus (kurze Korona) oder aber spiralförmige Anordnungen mit definiertem JP-JP Abstand (lange Korona). Ungeachtet davon ist die Anzahl der anhaftenden JPs bislang unerreicht und grundlegend für Langzeitstabilität verantwortlich. Dieses Ergebnis zeigt, dass JP neben den bereits bekann-ten Anwendungen auch als effektive, nicht kovalente Beschichtung für MWNTS die-nen können und generell als Dispersionsmittel für unlösliche Partikel in Betracht gezogen werden können.

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