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Doktorarbeit

Synthese und Überstrukturbildung neuartiger Miktoarmstern-Terpolymere

Andreas Hanisch (01/2013-04/2013)

Betreuer: Axel H. E. Müller

Kurzfassung

Die vorliegende Arbeit verknüpft eine neuartige Synthesemethode für ABC-Miktoarmstern-Terpolymere mit der Untersuchung ihrer Selbstanordung zu Überstrukturen in wässriger Lösung. Hierfür wurde ein modularer synthetischer Ansatz entwickelt, der auf anionischer Polymerisation und der kupfer-katalysierten Azid-Alkin-Cycloaddition beruht. Die durch das Gegenion gesteuerte Überstrukturbildung von ABC-Miktoarmstern-Terpolymeren und einem ABA‘ Miktoarmstern-Copolymer mit einem Poly(N-methyl-2-vinylpyridiniumiodid)-Segment in komplex strukturierte Aggregate wurden detailliert untersucht. Das neuartige 4-Alkin-substituierte Diphenylethylenderivat 1-[(4-(tert-Butyldimethyl-silyl)ethynyl)phenyl]-1-phenylethylene („click-DPE“) ist die Kernverbindung der kombinatorischen Sternsynthese. Diese wurde erstmals in der sequentiellen, lebenden anionischen Polymerisation eingesetzt, um wohldefinierte Diblock-Copolymere mit einer Alkinfunktion an der Grenze zwischen den zwei Blöcken zu synthetisieren. Hierbei stellt Polybutadien (PB) den ersten Block dar und Poly(tert-Butylmethacrylat) (PtBMA), Poly(2-Vinylpyridin) (P2VP) oder Poly(N,N-Dimethylaminoethylmethacrylat) (PDMAEMA) den zweiten Block. Schließlich wurde erfolgreich der modulare Ansatz durch Konjugation mit Azid-funktionalisiertem Polystyrol (PS), Polyethylenoxid (PEO), PtBMA und PDMAEMA demonstriert und Miktoarmstern-Terpolymere mit enger Molekulargewichtsverteilung erhalten. Am Beispiel eines ABC-Miktoarmstern-Terpolymers mit einem PB-, PtBMA- und P2VP-Block wurde gezeigt, dass nach Quaternisierung mit Methyliodid und anschließender Dialyse gegen Wasser, über die Beschaffenheit des Gegenions die Lösungsstruktur gesteuert werden konnte. Hierbei ist neben der Polymerarchitektur die Anwesenheit von Iod als Gegenion die Grundvoraussetzung für die hierarchische Überstrukturbildung. Die durch Iodzugabe vor Dialyse kontrollierbare Ausbildung von Triiodid führt zu einer Verringerung der Wasserlöslichkeit der P2VPq-Korona. Um die ungünstige Wechselwirkung mit dem wässrigen Medium zu verringern, ordnen sich Kugelmizellen mit einem PB/PtBMA-Kern zu Zylindermizellen um, welche wiederum Überstrukturen ausbilden und sich schließlich zu bis zu 1 µm großen, fassförmigen Aggregaten umlagern. Aufgrund ihrer Erscheinung in elektronenmikrospopischen Aufnahmen wurde für diese der Begriff „woodlouse“ („Kellerassel“) eingeführt. Die Aggregate sind nicht hohl und bestehen aus PB/PtBMA Lamellen, die über eine teilweise gequollene P2VPq Phase miteinander verbunden und dadurch stabilisiert werden. Die PB/PtBMA Lamellen besitzen dabei eine teilweise entmischte innere Struktur. Dieses Konzept wurde erfolgreich auf zwei weitere Miktoarmstern-Systeme angewandt. Für eine Serie von ABC-Miktoarmstern-Terpolymeren aus PS, PB und P2VPq (BVqS) wurde eine Abhängigkeit der Mizellform vom hydrophilen Anteil beobachtet; analog zu Diblock-Copolymeren. Einerseits wurden für lange P2VPq-Blöcke Aggregate aus gestapelten Lamellen/Scheiben erhalten, die aus Kugelmizellen als Grundbausteinen entstanden sind; andererseits wurde für kurze P2VPq Blöcke die Ausbildung multilamellarer Vesikel durch Fusion unilamellarer Vesikel beobachtet. Anders als durch die Polymerarchitektur erwartet, konnte für die Vesikelwand keine Kompartmentalisierung beobachtet werden, sondern es wird eine lamellare Zusammensetzung mit einem PB Kern angenommen, die durch eine dünne PS-Schicht vor der P2VPq-Korona geschützt wird. Für einen der BVqS-Miktoarmsterne wurde erfolgreich eine Nanohybridstruktur mit Goldnanopartikeln gebildet. Für ein zweites Polymersystem wurde das elastische PB-Segment durch einen weiteren glasartigen PS-Block mit unterschiedlicher Länge ersetzt (SVqS‘). Obwohl mit Iodid als Gegenion Vesikel erhalten wurden, bildeten sich bei der Triiodid-induzierten Überstrukturbildung anisotrope Aggregate aus deformierten Vesikeln. Die Abwesenheit von multilamellaren Vesikeln wird dabei auf die reduzierte Dynamik der kernbildenden, glasartigen PS-Blöcke zurückgeführt. Ähnlich zu den „woodlouse“ Partikeln von BVqT, wurden somit für SVqS‘ längliche Aggregate mit einer lamellaren Struktur erhalten, jedoch über Vesikel als Grundbausteine. Somit ist dieses über das Triiodid-Ion beeinflussbare Konzept der gesteuerten Selbstaggregation nicht nur auf Miktoarm Stern Systeme mit einem elastischen Block beschränkt, da die Umordnungsprozesse während des Dialyse stattfinden, wo das anfangs vorhandene organische Lösungsmittel eine ausreichende Mobilität der den Mizellkern bildenden Blöcke zur Folge hat. Neben einer neuen Synthesestrategie für Miktoarmstern-Terpolymere, basierend auf einem vielseitigen Alkin-substituierten DPE Derivat, konnte somit die durch das Triiodid-Ion induzierte Überstrukturbildung als neuartiges Konzept für gesteuerte Selbstanordnungsprozesse in wässrigen Lösungen aufgezeigt werden.

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